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Die Studienplatzvermittlung

BGH Urteil vom 5.6.2025 – I ZR 160/24, NJW 2025, 2395

Sachverhalt

A ist Vermittlerin. Sie vermittelt für Studienbewerber aus Deutschland Studienplätze in den Studiengängen Humanmedizin, Zahnmedizin, Tiermedizin und Pharmazie an ausländischen Universitäten in 10 Ländern. Für die Studienbewerber stellt sie die von den Universitäten geforderten Bewerbungsunterlagen zusammen, übernimmt die Anfertigung von Übersetzungen und Beglaubigungen, reicht die Bewerbungsunterlagen bei den Universitäten ein und führt die bis zum Abschluss des Bewerbungsverfahrens notwendige Korrespondenz mit den Universitäten. Die A bietet zudem – sofern notwendig – Vorbereitungskurse für Zugangstests an. Die A begleitet nicht jedoch nicht nur den Gang der Bewerbung bei der jeweiligen Universität, sondern unterstützt die Studenten gegebenenfalls vor und während ihres Studiums durch Mitarbeiter vor Ort bei organisatorischen Angelegenheiten, wie zum Beispiel der Wohnungssuche, Behördengängen usw. für die erfolgreiche Vermittlung eines Studienplatzes verlangt die A von den Bewerbern eine einmalige Vergütung in Höhe einer Jahresstudiengebühr der jeweiligen Universität. Von den Universitäten erhält die sie keine Provision.

Der B ist nach seinem Abitur verzweifelt. Sein Abi-Schnitt reicht für ein Medizinstudium in Deutschland nicht. Online findet er die Webseite der A. Am 14.07.2022 bestellte der B über die Website der A ein Infopaket. Zusammen mit dem Infopaket erhält er einen Vordruck für die schriftliche Erteilung eines Vermittlungsauftrags gegenüber der A, welchen er am 20.07.2022 ausfüllt, unterzeichnet und der A schickt.  Als gewünschten Studienbeginn gibt B dabei das Wintersemester 2022/2023 und Sommersemester 2023 (Februar/März 2023) mit dem handschriftlichen Zusatz „(auch okay)“ an und als gewünschten Studienort Mostar/Bosnien.

Unter „VI. Vermittlungsbedingungen“ des Antragsformulars der A findet sich folgendes:

3. Vergütung

3.1. Erhält der Studienbewerber einen Studienplatz unter Mitwirkung von …, zahlt der Studienbewerber an ein Erfolgshonorar (netto) in Höhe einer Jahresstudiengebühr der jeweiligen Universität für den beauftragten Studiengang.

3.2. Auslagen, (zum Beispiel für Übersetzungen/Beglaubigungen/ Universitätsgebühren) werden nach ihrem tatsächlichen Anfall vom Studienbewerber erstattet.

4 Sonstiges

4.1. Die Parteien sind an diese Vermittlungsvereinbarung ab Unterzeichnung und nur bis zum Ablauf des Kalenderjahres des gewünschten Studienbeginns gebunden.

Unter 6. findet sich sodann noch eine – wirksame – Widerrufsbelehrung, wonach ein Widerruf binnen 14 Tagen ab Vertragsschluss möglich ist.

Die A macht sich ans Werk. Am 22.08.2022 kehrt B von einem Arzttermin mit schlechten Nachrichten zurück. Sofort schreibt er eine E-Mail an die A: „Sehr geehrte Damen und Herren, aufgrund besonderer Umstände kann ich ein Studium im Oktober nicht antreten. Aus diesem Grund widerrufe ich den Vertrag mit Ihnen. Alternativ kündige ich. Ich bitte den Bewerbungsprozess zu stoppen und ihre bisherigen Leistungen in Rechnung zu stellen.“

Die A will das jedoch nicht auf sich sitzen lassen.  Sie antwortet dem B, dass die Universität bereit am 06.08.2022 seine Zulassung bestätigt habe. Den vom Dekan unterschriebenen Brief werde er alsbald erhalten. Ob er den Platz annehme oder nicht, könne er sich ja aussuchen. Insofern sei das Honorar auch fällig. Am 06.09.2022 schickt die A dem B dann auch eine Rechnung über 11.198,67 EUR. B bezahlt diese jedoch nicht. Er ist der Ansicht, dass es sich um einen Maklervertrag handeln würde. Wenn er über einen Makler ein Haus suchen würde, dann müsste er den ja schließlich auch nur bezahlen, wenn er das ihm angebotene Haus dann auch tatsächlich kauft.

Kann die A von dem B die 11.198,67 EUR als Provisionszahlung verlangen?


Skizze


Gutachten

A. Anspruch A gegen B aus § 652 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. VI.3.1. des Vertrages

A könnte gegen den B einen Anspruch auf Provisionszahlung gem. § 652 Abs. 1 S.  1 BGB i.V.m. VI.3.1. des Vertrages in Höhe von 11.198,67 EUR haben.  

I. Wirksamer Maklervertrag

Dazu müsste allerdings zwischen ihnen ein wirksamer Maklervertrag i.S.d. § 652 BGB zustande gekommen sein.

Grundsätzlich kommt auch hier ein Vertrag durch Angebot und Annahme zustande. In der Übersendung des Vertragsvordruckes liegt hier ein Angebot der A vor. Durch Unterzeichnung dieses Vordruckes erklärte B auch die Annahme, die der A auch unzweifelhaft hier zugegangen ist.

Fraglich ist jedoch, ob der zwischen der A und dem B geschlossene Vertrag auch den Regelungen der §§ 652 ff. BGB also dem Maklervertragsrecht unterfällt. Hieran könnten Zweifel bestehen, da A und B sich nicht nur über die Vermittlung eines Studienvertrages einigten, sondern zugleich auch weitere Leistungen wie in etwa die Zusammenstellung von Dokumenten oder Vorbereitungskurse vereinbarten. Es handelt sich damit um einen sogenannten gemischttypischen Vertrag. Wie ein solcher zu behandeln ist, ist umstritten.

Anmerkung: Warum ist der Vertragstyp hier relevant?
Die Einordnung eines Vertragstypus ist insbesondere bei den Sekundärrechten relevant. Im vorliegenden Fall spielt nachher aber der § 307 BGB eine wichtige Rolle. Danach kann eine Klausel von AGB dann unwirksam sein, wenn sie von den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen abweicht. Die gesetzlichen Regelungen bestimmen sich natürlich durch den Vertragstyp. Daher ist eine Einordnung hier von maßgeblicher Bedeutung.
1. Lit.: Kombinationstheorie

In weiten Teilen der Literatur wird die sogenannte Kombinationstheorie vertreten. Danach sind sind die jeweiligen Leistungen des Vertrags im Ausgangspunkt nach den Vorschriften des jeweils einschlägigen gesetzlichen Vertragstyps zu behandeln.[1]Rümelin, Dienstvertrag und Werkvertrag, 1905, 320 ff.,; Hoeniger, Die gemischten Verträge in ihren Grundformen, 1910; vgl. auch MüKoBGB/Emmerich, 9. Aufl. 2022, BGB § 31 mwN

2. Rspr.: Absorptionstheorie

Dagegen wendet die Rechtsprechung zunehmend (wieder) die Absorptionstheorie an.[2]zuletzt BGH Urteil vom 5.6.2025 – I ZR 160/24, NJW 2025, 2395; vgl MüKoBGB/Emmerich, 9. Aufl. 2022, BGB § 311 Rn. 30 mwN Nach der sog. Absorptionstheorie sind bei einem gemischttypischen Vertrag für das gesamte Schuldverhältnis allein die Vorschriften maßgeblich, die für die Leistung gelten, die dem Vertrag sein charakteristisches Gepräge geben. Die untergeordneten Vertragselemente werden von dem dominierenden Element „absorbiert“.[3]Glöckner/Manteufel/Rehbein PrivBauR-HdB/Glöckner, 7. Aufl. 2025, § 3. Rn. 22

3. Stellungnahme

Für die Kombinationstheorie spricht, dass sie der Interessenlage der Parteien bei trennbaren, mehrtypischen Leistungen besser gerecht wird, für die das besondere Schuldrecht sachgerechte Regelungen bereithält.[4]Lorenz/Unberath, JuS 2005, 335 Im Übrigen geht auch der Gesetzgeber von dieser Möglichkeit aus. So werden in § 650 S. 3 BGB werkvertragliche Regelungen neben kaufrechtlichen Vorschriften für anwendbar erklärt.[5]Glöckner/Manteufel/Rehbein PrivBauR-HdB/Glöckner, 7. Aufl. 2025, § 3. Rn. 23 Dagegen spricht jedoch, dass auch ein gemischter Vertrag ein einheitliches Ganzes bildet und deshalb bei der rechtlichen Beurteilung nicht in dem Sinn in seine verschiedenen Bestandteile zerlegt werden kann.[6]BGH Urteil vom 5.6.2025 – I ZR 160/24, NJW 2025, 2395 Rn. 18 Der Eigenart des Vertrags wird vielmehr grundsätzlich nur die Unterstellung unter ein einziges Vertragsrecht gerecht, nämlich dasjenige, in dessen Bereich der Schwerpunkt des Vertrags liegt.[7]vgl. BGH NJW 1981, 341 Rn. 19; NJW 1995, 324 Rn. 31 = GRUR 1995, 68 = WRP 1995, 89 – Schlüssel-Funddienst; BGH NJW 2005, 2008 Rn. 10; NJW 2007, 213 Rn. 7; BGHZ 180, 144 = NJW 2009, 1738 Rn. 17; … Continue reading Insoweit ist der Absorptionstheorie beizutreten.

Anmerkung: Bedeutung der Stellungnahme und des Problems
Tatsächlich dürfte die Stellungnahme hier nicht von größter Relevanz sein. Denn der Vergütungsanspruch, um den es hier maßgeblich geht, wird wohl auch nach der Kombinationslehre dem Maklervertrag unterfallen, weshalb sich – und insoweit später entscheidend – die Beurteilung des VI.3.1. an diesem Vertragstypus messen lassen muss.
4. Bestimmung durch Auslegung

Offen bleibt, welcher Vertragstypus hier den zwischen A und B geschlossenen Vertrag prägt und damit den Schwerpunkt bildet. Für die rechtliche Einordnung kommt es hierbei nicht auf die von den Vertragspartnern gewählte Benennung, sondern auf die inhaltliche Ausgestaltung des Vertrags beziehungsweise den tatsächlichen Inhalt der wechselseitigen Rechte und Pflichten an.[8]BGH Urteil vom 8. 10. 2009 – III ZR 93/09, NJW 2010, 150 Rn. 16 mwN Welche Pflichten das Wesen des Vertrags charakterisieren, ist durch Auslegung der betroffenen Vereinbarungen der Parteien zu ermitteln. Die Vertragsbestimmungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie ein verständiger und redlicher Vertragspartner sie unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise versteht, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind.[9]BGH Urteil vom 5.6.2025 – I ZR 160/24, NJW 2025, 2395 Rn. 18, 19

Für einen Schwerpunkt im Maklerrecht sprechen insbesondere die Regelungen unter VI.3.1. Danach hat der Studienbewerber der A ein Erfolgshonorar in Höhe einer Jahresstudiengebühr der jeweiligen Universität für den beauftragten Studiengang zu zahlen, wenn der Studienbewerber unter Mitwirkung der A einen Studienplatz erhält. Diese wechselseitigen Pflichten entsprechen den typischen Vertragspflichten der Parteien eines Maklervertrags gem. § 652 Abs. 1 S. 1 BGB. Danach ist zur Entrichtung eines Lohns verpflichtet, wer für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrags oder für die Vermittlung eines Vertrags einen Maklerlohn verspricht, wenn der Vertrag in Folge des Nachweises oder in Folge der Vermittlung des Maklers zustande kommt.[10] BGH Urteil vom 5.6.2025 – I ZR 160/24, NJW 2025, 2395 Rn. 21

Auch die Regelung des VI.4.1. spricht nicht gegen diese Einordnung. Zwar sieht VI.4.1. eine befristete Bindung an die Vermittlungsvereinbarung vor, was auf eine für einen Maklervertrag untypische Tätigkeitspflicht der A im Bindungszeitraum hindeutet. Durch einen Makleralleinauftrag, mit dem sich der Makler zum Tätigwerden verpflichtet und durch den der Maklerkunde auf sein Recht verzichtet, einen weiteren Makler mit der Suche nach geeigneten Vertragspartnern zu beauftragen, werden jedoch die Grundgedanken der §§ 652 ff. BGB – Abhängigkeit des Provisionsanspruchs vom Zustandekommen des Hauptvertrags mit einem Dritten, Kausalität der Maklertätigkeit für dieses Zustandekommen, Abschlussfreiheit des Auftraggebers – nicht angetastet [11]BGHZ 226, 20 Rn. 20 = NJW 2020, 3306. Solche einfachen Alleinaufträge weichen daher nur unwesentlich vom Leitbild des Maklervertrags ab [12]BGHZ 226, 20 Rn. 42 = NJW 2020, 3306. Eine Tätigkeitspflicht des Maklers führt nicht dazu, dass die Vereinbarung ihren Charakter als Maklervertrag verliert.[13]BGH Urteil vom 5.6.2025 – I ZR 160/24, NJW 2025, 2395 Rn. 21

Es sind auch nicht die weiteren Leistungen wie die Bewerbungsorganisation oder aber die anschließende Betreuung am Studienplatzort, die den Vertrag prägen, sodass der Vertrag eine schwerpunktmäßig dienstvertragliche Prägung aufweisen würde. Zwar übernimmt die A die gesamte Bewerbungsorganisation für den Studienbewerber und ist vertraglich dazu verpflichtet, die Bewerbungsunterlagen für den Bewerber zusammenzustellen und bei der Universität einzureichen sowie Übersetzungen und Beglaubigungen anzufertigen beziehungsweise anfertigen zu lassen. Zudem unterstütze sie ihre Vertragspartner dabei, etwaige von den Universitäten geforderten Aufnahmeprüfungen oder Zugangstests zu bewältigen, indem sie Vorbereitungskurse anbiete, deren Entgelt gem. Nr. VI 4.2. der Vermittlungsbedingungen in der Vergütung inbegriffen ist. Allerdings ergibt sich aus VI.3.1., dass  welche Tätigkeiten allein kostenpflichtig sind, nämlich die erfolgreiche Vermittlung eines Studienplatzes. Testgebühren und Auslagen kommen vielmehr im Einzelfall dazu. Dadurch wird deutlich, dass es gerade die Vermittlung ist, die den Vertrag prägt. Die Struktur der Vergütung entspricht auch nicht der eines Dienstleistungsvertrages, denn die A sprich in den Vertragsbedingungen von einem – dem Dienstleistungsvertrag untypischen – „Erfolgshonorar“.

In der Gesamtbetrachtung wird der Vertrag daher durch die Maklerleistung geprägt und unterliegt damit dem Maklerrecht der §§ 652 ff. BGB.

5. Zwischenergebnis

A und B haben einen wirksamen Maklervertrag i.S.d. § 652 BGB geschlossen.

II. Anspruch erloschen

Ein etwaiger Anspruch der A könnte jedoch durch die E-Mail des B vom 22.08.2022 wieder erloschen sein.

Anmerkung: Prüfungsreihenfolge
Die Prüfungsreihenfolge ist hier etwas außergewöhnlich. Normalerweise wäre zunächst vollständig zu prüfen, ob der Anspruch der A hier entstanden ist. Dazu gehört im Rahmen des Maklervertrages auch der Prüfungspunkt II., wonach ein wirksamer Hauptvertrag geschlossen worden sein müsste. Dieser Prüfungspunkt ist einer der Schwerpunkte des Falls. Am Ende wird der Anspruch der A auch scheitern. Erst anschließend wäre zu prüfen gewesen, ob der Anspruch untergegangen oder erloschen ist, mithin etwaige Widerrufs- oder Rücktrittsrechte zu prüfen. Diesen Teil der Prüfung würde man sich jedoch abschneiden. Um dennoch Problembewusstsein zu zeigen, werden die Prüfungspunkt hier vorgezogen.
1. Anspruch erloschen durch Widerruf, § 355 BGB

Möglich erscheint zunächst, dass der Anspruch der A durch Widerruf gem. § 355 BGB erloschen ist. Unabhängig des Bestehens eines Widerrufrechts, müsste der Widerruf jedoch binnen der gesetzlichen Frist aus § 355 Abs. 2 – mithin binnen 14 Tagen nach Vertragsschluss – erfolgt sein. Der Widerruf des B erfolgte am 22.08.2022, mithin nicht binnen der Frist. Der Anspruch der A ist in der Folge nicht durch Widerruf erloschen.

2. Anspruch erloschen durch ordentliche Kündigung

Möglich erscheint ein Erlöschen des Anspruchs durch ordentliche Kündigung. Dazu müsste indes überhaupt ein ordentliches Kündigungsrecht bestehen. Ist der Maklervertrag allerdings auf bestimmte Zeit abgeschlossen, so endet er lediglich durch Fristablauf, Aufhebungsvertrag oder durch eine außerordentliche Kündigung, soweit ein wichtiger Grund vorliegt, soweit der Vertrag keine anderweitige Regelung vorsieht [14]Hamm MaklerR/Hamm, 8. Aufl. 2023, Rn. 258; MüKoBGB/Althammer, 9. Aufl. 2023, BGB § 652 Rn. 97; JuS 2003, 1166. Der Vertrag zwischen A und B ist gem. VI.4.1. eine Befristung vor. Eine Regelung zur odentlichen Kündigung ist nicht enthalten. Mithin besteht kein ordentliches Kündigungsrecht.

3. Anspruch erloschen durch außerordentliche Kündigung

Möglich erscheint zunächst aber, dass der Anspruch der A durch außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund des B erloschen ist. B hat jedoch gegenüber der A überhaupt keine außerordentlichen Gründe dargelegt. Mithin ist der Anspruch der A auch nicht aufgrund außerordentlicher Kündigung erloschen.

II. Wirksamer Hauptvertrag

Der § 652 Abs. 1 S. 1 BGB setzt ferner aber für das Entstehen des Provisionsanspruchs den wirksamen Abschluss des angestrebten Hauptvertrags voraus.

1. Kein Abschluss

Angestrebter Hauptvertrag ist hier der Studienvertrag zwischen B und der Universität. Unabhängig wie das Studienplatzangebot der Universität hier rechtlich einzuordnen ist, bedarf es für das Zustandekommen des Studienvertrages einer Annahme des B. Dies ist bisher nicht erfolgt. Mithin liegt kein wirksamer Hauptvertrag vor.

2. Anspruch trotz fehlenden wirksamen Hauptvertrag gem. VI.3.1. des Vertrages

Möglich erscheint hier aber, dass aufgrund der Regelung VI.3.1. des Maklervertrages auch ohne Abschluss des Hauptvertrages durch Angebot des Studienvertrages der Provisionsanspruch bereits entstanden ist.

Dies wäre jedenfalls dann nicht der Fall, wenn die Klausel des Vertrages bereits nach § 306 BGB unwirksam wäre.

a) Vorliegen von AGB

Dazu müsste es sich aber bei den Vertragsbestimmungen um AGB i.S.d. §§ 305 ff. BGB handeln. Dies ist dann der Fall, wenn die Vertragsbedingungen vorformuliert sind, für eine Vielzahl von Verträgen vorgesehen und vom Verwender einseitig gestellt werden. Die Bedingungen der A sind hier für alle Vertragspartner vorgesehen und nicht einzeln ausgehandelt worden. Ferner wurden sie auch durch die A in Folge des Übersendens einseitig gestellt. Mithin handelt es sich zweifelsfrei um AGB.

b) Inhaltskontrolle, §§ 307 ff. BGB

Fraglich ist aber, ob diese auch einer Inhaltskontrolle anhand der §§ 307 ff. BGB standhalten.

aa) Klauselverbote ohne und mit Wertungsmöglichkeit, §§ 308, 309 BGB

Ein Verstoß gegen die Klauselverbote ohne oder mit Wertungsmöglichkeiten aus den §§ 308, 309 BGB ist hier nicht ersichtlich.

cc) Verstoß gegen § 307 BGB

In Frage kommt hier aber ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB. Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

Zum Leitbild des Maklervertrags gem. § 652 BGB gehörten die Erfolgsabhängigkeit der Provision, die Entschließungsfreiheit des Auftraggebers, die Ursächlichkeit der Maklertätigkeit für den Vertragsabschluss und die fehlende Verpflichtung des Maklers zur Leistungserbringung.[15]BGH Urteil vom 5.6.2025 – I ZR 160/24, NJW 2025, 2395 Rn. 35

Da die Zahlungspflicht hier nicht notwendig vom Abschluss eines Hauptvertrags abhängt, sondern lediglich von dem Angebot der Universität, entfernt sich die Vertragsgestaltung weit vom gesetzlichen Leitbild. Gerade auch in Anbetracht der Höhe der Vergütung, die einer Jahresstudiengebühr entspricht, ist der Vertragspartner in seiner Entschließungsfreiheit über die Annahme dieses Studienplatzes beeinträchtigt.[16]BGH Urteil vom 5.6.2025 – I ZR 160/24, NJW 2025, 2395 Rn. 35

Eine andere Wertung könnte sich aber dann ergeben, wenn die Leitbildabweichung ausnahmsweise sachlich gerechtfertigt ist und die Wahrung des gesetzlichen Schutzzwecks auf andere Weise sichergestellt wird.[17]BGH Urteil vom 5.6.2025 – I ZR 160/24, NJW 2025, 2395 Rn. 35; NJW 2013, 1431 Rn. 26 mwN. Möglich erscheint eine sachliche Rechtfertigung dadurch, dass das zu vermittelnde Geschäft von vorneherein hinreichend konkret bestimmt ist, weil der Studienplatzbewerber genau anzugeben habe, welcher Studiengang zu welchem Zeitpunkt an welchem Ort vermittelt werden solle. [18]BGH Urteil vom 5.6.2025 – I ZR 160/24, NJW 2025, 2395 Rn.44 Die Beeinträchtigung der Entschließungsfreiheit sei daher zu vernachlässigen, weil der Entschluss grundsätzlich schon vorgefasst sei. Dagegen sprich jedoch maßgeblich, dass eine Maklervertrag grundsätzlich auch dann von einer Entschließungsfreiheit ausgeht, wenn der Auftraggeber genau das bekommen würde, was er sucht. Andernfalls würden die Rechte des Auftraggebers davon abhängen, wie genau er den Auftrag ausdefiniert.

Ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB liegt damit vor.

dd) Rechtsfolge § 306 BGB

In der Folge ist VI.3.1. des Vertrages unwirksam, der Vertrag bleibt jedoch im Übrigen bestehen, § 306 BGB. An die stelle des VI.3.1. tritt die gesetzliche Regelung des § 652 BGB, wonach der Anspruch der A von dem wirksamen Zustandekommen des Hauptvertrages abhängt. Dies ist hier jedoch nicht der Fall (s.o.).

Vernetztes Lernen: Vernetztes Lernen: Was sind die weiteren Voraussetzungen des Provisionsanspruchs?
Für den Provisionsanspruch aus § 652 Abs. 1 S. 1 BGB bedarf es neben des Maklervertrages und dem wirksamen Zustandekommen des Hauptvertrages einer Vermittlungstätigkeit des Maklers und eine Kausalität zwischen dieser Vermittlungstätigkeit und dem Abschluss des Hauptvertrages.

B. Ergebnis

Ein Anspruch der A aus § 652 Abs. 1 S. 1 BGB auf Zahlung der 11.198,67 EUR besteht nicht.

Vernetztes Lernen: Könnten der A indes andere Ansprüche zur Verfügung stehen?
Möglich ist hier insbesondere ein Anspruch aus § 652 Abs. 2 BGB i.V.m. VI.3.2. des Vertrages. Danach sind dem Makler Aufwendungen zu ersetzten, soweit dies vereinbar ist. Eine solche Vereinbarung hat die A in VI.3.2. getroffen. Hier macht die A allerdings keine Aufwendungen gegenüber dem B geltend, sondern gerade den Provisionsanspruch. Dies ist strikt voneinander zu trennen.A könnte gegen B einen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses in Höhe von 30.000,00 EUR aus §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 1, 3 BGB haben.

Zusatzfragen

In Folge der Rechnungsstellung tritt Anwalt C für den B auf und zeigt gegenüber der A die Vertretung mit Schreiben vom 13.09.2022 an. Er bestreitet die Forderung der A. Ferner weist er darauf hin, dass er ihr seine Rechtsanwaltskosten in Rechnung stellen werde, wenn die A der Ansicht sein sollte, die Korrespondenz mit seinem Mandanten dem B fortführen zu wollen. A nimmt jedoch von ihrer Forderung keinen Abstand. Der C fordert nun Rechtsanwaltskosten i.H.v. 885,80 EUR für das Schreiben vom 13.09.2022. Bei Gericht stellt A den Antrag, den B zu verurteilten die 11.198,67 EUR an sie zu zahlen. Darüber hinaus stellt die A jedoch auch den Antrag, festzustellen, dass der B gegen die A keinen Anspruch auf Zahlung von 885,80 € wegen des Schreibens des Rechtsanwalts C vom 13.09.2022 hat. Ist die Feststellungsklage in Bezug auf das Feststellungsinteresse so zulässig?
Sämtliche Feststellungsklagen können entweder gerichtet sein auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses oder auf die Feststellung des Nichtbestehens. Eine positive Feststellungsklage liegt vor, wenn der Kläger die Feststellung des Bestehens des Rechtsverhältnisses begehrt. Eine negative Feststellungsklage ist gegeben, wenn der Kläger sein Bestehen leugnet.[19]Stein/Roth, 24. Aufl. 2024, ZPO § 256 Rn. 11
Das Interesse an der alsbaldigen Feststellung ist bei einer negativen Feststellungsklage zu bejahen, wenn der Beklagte sich gegenüber dem Kläger eines Rechts berühmt, dadurch die beschriebene Unsicherheit der Rechtsposition des Klägers besteht und diese durch die begehrte negative Feststellung beseitigt werden kann.[20]Anders/Gehle/Anders, 83. Aufl. 2025, ZPO § 256 Rn. 33.
So liegt es auch hier. B berühmt sich hier ernstlich eine Forderung gegenüber der A in der Form von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Ihm ist es auch nicht das Abwarten einer etwaigen Widerklage zuzumuten. Die negative Feststellungsklage ist hier also zulässig.

Zusammenfassung

1. Gemischte Verträge, die Elemente verschiedener Vertragstypen aufweisen, sind nach dem Grundsatz zu beurteilen, dass der Eigenart des Vertrags grundsätzlich nur die Unterstellung unter ein einziges Vertragsrecht gerecht wird, nämlich dasjenige, in dessen Bereich der Schwerpunkt des Vertrags liegt.

2. Ein gemischttypischer Vertrag, der zwar dienst- und werkvertragliche Elemente aufweist, im Schwerpunkt aber darauf gerichtet ist, Bewerbern aus Deutschland gegen Entgelt Studienplätze an ausländischen Universitäten zu vermitteln, ist bei der Prüfung der unangemessenen Benachteiligung unter dem Gesichtspunkt der Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (§ 307 II Nr. 1 BGB) am Leitbild des Maklervertrags (Erfolgsabhängigkeit der Provision, Entschließungsfreiheit des Auftragsgebers, Ursächlichkeit der Maklertätigkeit für den Vertragsschluss, fehlende Verpflichtung des Maklers zur Leistungserbringung) zu messen.


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