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Stiehlst du noch oder hehlst du schon?

BGH, Beschluss v. 13.2.2024 – 5 StR 580/23, BeckRS 2024, 4025

Sachverhalt

Der A gehört zu einer Gruppierung, die in Deutschland Autos stiehlt und diese im Ausland veräußert. Er beabsichtigt, sich durch die Taten eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang zu verschaffen und daraus seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Den Abreden entsprechend entwenden B und C, Mitglieder der Gruppe, in der Nacht vom 14.3. auf den 15.3.2022 in Hamburg zwei Autos, die sie fünf bzw. zehn Kilometer von den jeweiligen Tatorten entfernt im Stadtgebiet abstellten. Nachdem sie den Teil der Gruppierung, der im Ausland operiert, informierten, machten sich der A und zwei weitere Tatbeteiligte auf den Weg nach Hamburg, um die Autos mit eigens hierfür hergestellten Kennzeichendubletten zu versehen und ins Ausland zu überführen. Als sie am selben Abend in Hamburg ankamen, bemerkten sie, dass eines der beiden Fahrzeuge nicht mehr vor Ort war. Sie befürchteten, dass die Polizei ihr Vorhaben entdeckt hatte und sie bei planmäßiger Fortsetzung festnehmen würde, und entfernten sich unverrichteter Dinge. Kurze Zeit später wurden sie von Polizeibeamten, die den Abstellort observiert hatten, verhaftet. 

Wie hat sich A strafbar gemacht? Ggf. erforderliche Strafanträge gelten als gestellt.


Skizze

Gutachten

A. Strafbarkeit gemäß §§ 242, 244 I Nr. 2, 244a I, 25 II StGB

A könnte sich wegen schweren Bandendiebstahls gemäß §§ 242, 244 I Nr. 2, 244a I, 25 II StGB strafbar gemacht haben, indem er als Mitglied einer Gruppierung die in Hamburg gestohlenen Fahrzeuge abholen und ins Ausland verbringen wollte. 

I. Tatbestandsmäßigkeit

1. Objektiver Tatbestand

a) fremde bewegliche Sache

Die beiden Autos sind körperliche Gegenstände, die tatsächlich fortbewegt werden können und im Eigentum anderer stehen. Sie sind folglich fremde bewegliche Sachen.

b) Wegnahme

Weiterhin müsste A die Autos weggenommen haben. Wegnahme ist der Bruch fremden, d.h. die gegen den Willen des Berechtigten erfolgende Aufhebung des Gewahrsams, und Begründung neuen Gewahrsams.[1]Fischer, 71. Aufl. 2024, § 242 Rn. 16. Problematisch erscheint, dass A bei der Tatausführung selbst nicht die eigentliche Tathandlung vor Ort ausgeführt hat.

Möglicherweise könnten ihm die Handlungen des B und C als eigene zugerechnet werden. Dafür müssten die Handlungen der Komplizen den Tatbestand erfüllen und gem. § 25 II StGB die Voraussetzungen der Mittäterschaft vorliegen.

aa) Wegnahme durch B und C

B und C müssten die Autos weggenommen haben. Indem B und C die zwei Autos entwendeten, übten sie die tatsächliche Sachherrschaft über die Autos aus. Dies geschah gegen den Willen der Eigentümer. Indem sie diese dann in fünf bzw. zehn Kilometer Entfernung von den jeweiligen Tatorten im Stadtgebiet von Hamburg abstellten, begründeten sie neuen tätereigenen Gewahrsam und vollendeten den Kfz-Diebstahl mithin die Wegnahme.[2]BGH NStZ 2023, 237 (238); Mitsch JA 2017, 407 (409); Rengier StrafR BT I, 26. Aufl. 2024, § 2 Rn. 195a.

Vernetztes Lernen: Was sind die Gewahrsamsspähre und genereller Gewahrsamswille?

Grundsätzlich ist Gewahrsam die tatsächliche Herrschaft über eine Sache einer natürlichen Person (Gewahrsamsinhaber), die von einem natürlichen Herrschaftswillen getragen wird, was nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen ist.[3]BeckOK StGB/Wittig, 62. Ed. 1.8.2024, StGB § 242 Rn. 11.

Der Inhaber eines räumlichen Bereiches (sog. Gewahrsamsspähre) übt nach der Verkehrsanschauung in diesem einen generell gültigen Gewahrsam über alle Sachen aus. Er hat also einen sog. generellen Gewahrsamswillen hinsichtlich aller Sachen in seiner Gewahrsamsspähre.

Von Bedeutung wird dies, wenn man innerhalb einer fremden Gewahrsamssphäre Sachen verliert und insoweit der eigene Gewahrsam endet. Üblicherweise begründet an verloren gegangenen Sachen der Inhaber dieser Gewahrsamssphäre den Gewahrsam. Anders verhält es sich bei vergessenen Sachen. Hier begründet der Inhaber der Gewahrsamsspähre lediglich Mitgewahrsam an der Sache.[4]Rengier, StR BT I, 26. Aufl. 2024, § 2 Rn. 29f.

bb) Mittäterschaft gemäß § 25 II StGB hinsichtlich A

Zusätzlich müssten die Voraussetzungen der Mittäterschaft gemäß § 25 II StGB erfüllt sein. Hierzu müssten A, B und C einen gemeinsamen Tatplan verfolgt und die Tat gemeinschaftlich ausgeführt haben. A, B und C haben im Vorfeld eine Abrede hinsichtlich der Tatausführung geschlossen und verfolgen einen gemeinsamen Tatplan.

Nach der Lehre von der „sukzessiven Mittäterschaft“ könnte A grundsätzlich in Bezug
auf die gemeinsame Tat Mittäter sein, wenn er während der Tatausführung bis zum Zeitpunkt der Vollendung hinzutritt. Fraglich und umstritten ist das jedoch in Bezug auf die Tat, die vor dem Eintritt des neuen Mittäters in das Tatgeschehen bereits tatbestandlich abgeschlossen und noch nicht beendet ist.

Nach Auffassung der Rechtsprechung ist es möglich, dass sich ein Tatbeteiligter zwischen Vollendung und Beendigung der Diebstahlstat noch als Mittäter in das Tatgeschehen einschaltet, da sich der Hinzutretende auch in diesem Zeitraum an dem mit dem Delikt typischerweise verknüpften Unrecht beteiligen könne.[5]BGH BeckRS 2021, 5371 Rn. 6; NStZ 2019, 513 (514); NStZ 2008, 280 (281). 

Die herrschende Lehre tritt dieser Ansicht insbesondere mit Blick auf den Wortlaut des § 25 II StGB entgegen, welcher eine gemeinschaftliche Begehung der „Straftat“ voraussetzt, die gem. § 11 I Nr. 5 StGB mit Vollendung abgeschlossen ist.[6]Baumann/Weber/Mitsch/Eisele StrafR AT/Eisele, 13. Aufl. 2021, § 25 Rn. 82; Schönke/Schröder/Heine/Weißer, 30. Aufl. 2019, StGB § 25 Rn. 96; Heinrich StrafR AT, 7. Aufl. 2022, Rn. 1237; Mitsch JA … Continue reading

Auf den Meinungsstreit käme es nicht an, wenn der Diebstahl der beiden Autos bereits vor Hinzutreten des A beendet gewesen wäre, da dann nach allen Ansichten eine Tatbeteiligung in Form der sukzessiven Mittäterschaft nicht mehr in Betracht käme.[7]BGH NStZ 2023, 681; NStZ 2019, 513 (514); NStZ-RR 2017, 134 (135); Peters/Bildner JuS 2020, 731 (733); Rengier StrafR AT, 15. Aufl. 2023, § 44 Rn. 38; Wessels/Beulke/Satzger StrafR AT, 53. Aufl. … Continue reading

Ein Diebstahl ist abgeschlossen und damit beendet, wenn der Täter den Gewahrsam an den entwendeten Gegenständen gefestigt und gesichert hat. Wann eine ausreichende Sicherung der Beute erreicht ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Bei Autos wird dies in der Regel nicht der Fall sein, solange sich der Täter noch im unmittelbaren Herrschaftsbereich des Berechtigten befindet oder aus anderen Gründen einem erhöhten Risiko ausgesetzt ist, die Beute durch Nacheile zu verlieren.[8]Vgl. BGH NStZ 2024, 359 (359 Rn. 4); BGH NStZ 2001, 88, (89); BGH NStZ-RR 1999, 208. Hier hatten B und C die entwendeten Autos jedoch bereits mehrere Kilometer entfernt von den Tatorten abgestellt. Die Autos waren damit dem Zugriff der Berechtigten entzogen; B und C hatten bereits gesicherten Gewahrsam an ihnen erlangt. Dass eines der beiden Fahrzeuge zufällig entdeckt worden und die Polizei eingeschaltet worden sein könnte, ändert daran nichts.[9]BGH NStZ 2024, 359 (359 Rn. 4); BGH NStZ 2001, 88, (89).

Folglich war der Diebstahl bereits beendet, als A als Tatbeteiligter der Tat beitreten wollte. Mithin liegt kein Fall der sukzessiven Mittäterschaft vor und selbst nach der extensiven Auffassung der Rechtsprechung kann A die Tathandlung und der Erfolg nicht mehr zugerechnet werden.

cc) Zwischenergebnis

A hat die Autos selbst nicht weggenommen. Die Handlungen von B und C können ihm auch nicht zugerechnet werden.

2. Zwischenergebnis

Der objektive Tatbestand ist nicht erfüllt. Der Tatbestand ist mithin ebenfalls nicht erfüllt.

IV. Ergebnis

A hat sich nicht wegen schweren Bandendiebstahls gemäß §§ 242, 244 I Nr. 2, § 244a I, 25 StGB strafbar gemacht, indem er als Mitglied einer Gruppierung die in Hamburg gestohlenen Fahrzeuge abholen und ins Ausland verbringen wollte. Aus Eine Teilnahme am beendeten Diebstahl ist ebenfalls nicht möglich.

B. Strafbarkeit gemäß §§ 259 I, 260a I, 22, 23 I StGB

A könnte sich einer versuchten gewerbsmäßigen Bandenhehlerei gemäß §§ 259 I, III, 260a I, 22, 23 I StGB strafbar gemacht haben, indem er die zuvor von B und C gestohlenen Autos ins Ausland verbringen und weiterverkaufen wollte, um sich so seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

I. Vorprüfung

Bevor A die Autos ankaufen, sich verschaffen, absetzen oder Absatzhilfe leisten konnte, wurde er von der Polizei festgenommen. Der objektive Tatbestand der gewerbsmäßigen Bandenhehlerei ist nicht erfüllt und die Tat mithin nicht vollendet. Die gewerbsmäßige Bandenhehlerei ist ein Verbrechen (§§ 259, 260a StGB) und mithin ist der Versuch gemäß § 23 I StGB strafbar.

II. Tatbestand

1. Tatentschluss

A müsste einen Tatentschluss gefasst haben, also vorsätzlich in Bezug auf die Verwirklichung aller objektiven Tatbestandsmerkmale gehandelt haben.

a) Grunddelikt, § 259 StGB

Der Tatentschluss des A müsste sich auf die Hehlereihandlung an einer Sache, die ein anderer gestohlen hat, beziehen. Wie mit dem Tatplan der Gruppierung beabsichtigt, haben B und C die zwei Autos, die als Sachen zu qualifizieren sind, gestohlen und einige Kilometer entfernt im Stadtgebiet von Hamburg abgestellt. Es liegt ein beendeter Diebstahl durch B und C vor, bei dem A weder Mittäter noch Teilnehmer war. Mithin sind die Autos taugliche Tatobjekte. Diese wollte A im Ausland selbständig und weisungsunabhängig im Interesse des Vortäters verwerten oder hierzu als Teil der Gruppierung beitragen, wobei er Dritten Besitz an der Sache zu deren eigener Verfügungsgewalt verschaffen wollte.[10]NK-StGB/Altenhain, 6. Aufl. 2023, § 259 Rn. 48. Darauf bezieht sich auch der Vorsatz von A. Dabei hatte A auch die Absicht einen Vermögensvorteil für sich zu erlangen und handelte mithin mit Bereicherungsabsicht.

Vernetztes Lernen: Ist ein Absatzerfolg im Rahmen von Para. 259 StGB notwendig?
Das war lange Zeit zwischen der Rechtsprechung und der herrschenden Lehre umstritten.[11]Ausführlich hierzu etwa Weisert, Der Hilfeleistungsbegriff bei der Begünstigung, 1999, 187 ff.

Für die herrschenden Lehre[12]Vgl. nur Schönke/Schröder/Hecker, 30. Aufl. 2019, StGB § 259 Rn. 48; Jahn/Palm JuS 2009, 501 (504). ist zur Vollendung der Hehlereihandlung die Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt auf den Erwerber und damit ein gelungener Absatz erforderlich (vgl. auch OLG Köln NJW 1975, 987 (988)); bei Ausbleiben dieses Erfolgs kommt lediglich versuchte Hehlerei in Betracht.

Dass eine auf den Absatzerfolg gerichtete Tätigkeit für die Vollendung der Hehlereihandlung ausreichend ist, bejahte bis vor Kurzem namentlich der BGH in ständiger Rspr.[13]BGH NJW 1976, 1900; BGH NJW 1977, 205 (206); BGH NJW 1980, 2204; BGH NJW 1985, 443 (444); BGH NJW 1979, 2621; BGH NStZ 1990, 539; BGH NStZ 1993, 282; BGH NStZ 1994, 396; BGH NStZ 2008, 570.

Einen Richtungswechsel hat der 3. Strafsenat des BGH mit Beschluss vom 14.5.2013 durch ein Anfrageverfahren gem. § 132 Abs. 3 GVG initiiert,[14]BGH NStZ 2013, 584. in dem die Auffassung vertreten wird, dass für eine Verurteilung wegen vollendeter Hehlerei durch Absetzen die Feststellung eines Absatzerfolges erforderlich sei. Der 1. Strafsenat[15]BeckRS 2013, 15726., der 2. Strafsenat[16]BeckRS 2013, 15924., der 4. Strafsenat[17]BeckRS 2013, 17708. sowie der 5. Strafsenat[18]BeckRS 2013, 16033. haben entschieden, der Ansicht des 3. Strafsenats zuzustimmen und die entgegenstehende eigene Rspr. aufzugeben.[19]Vgl. etwa Küper GA 2015, 129; Dehne-Niemann wistra 2016, 216. Inzwischen entspricht die Erfolgsbezogenheit beider Tatbestandsmerkmale (absetzen bzw. absetzen helfen) der Rechtsprechung aller Senate des BGH.[20]BGH NJW 2019, 1311 (1312); BGH NStZ-RR 2019, 180.

Folglich kann in einer Examensklausur davon ausgegangen werden, dass nach ganz h.M. in Rechtsprechung und Literatur ein Absatzerfolg notwendig ist.

b) Gewerbsmäßige Bandenhehlerei, § 260a StGB

Sodann könnte A den Tatentschluss zur gewerbsmäßigen Bandenhehlerei gemäß § 260a StGB gefasst haben. Dafür müsste er einerseits gewerbsmäßig handeln, also in der Absicht handeln, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen.[21]RGSt 51, 97 (100); BGH NJW 1952, 113; BGH NStZ 1995, 85; BGH NStZ 2014, 271. Und andererseits auch als Mitglied einer Bande handeln, also sich zur fortgesetzten Begehung von Raub, Diebstahl oder Hehlerei mit mindestens drei Personen[22]BGHSt 46, 321 (325); BGH wistra 2002, 57. verbunden haben.[23]BeckOK StGB/Ruhmannseder, 61. Ed. 1.5.2024, StGB § 260 Rn. 3. Dazu zählen auch gemischte Banden aus z.B. Dieben und Hehlern.[24]BGH NStZ 2007, 33 (34). A handelte als Mitglied einer Gruppierung, die in Deutschland Autos stiehlt und diese im Ausland veräußert. Er beabsichtigt, sich durch die Taten eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang zu verschaffen und daraus seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Dies wusste und wollte A auch. Mithin hat A Tatentschluss zur gewerbsmäßigen Bandenhehlerei.

2. Unmittelbares Ansetzen

A müsste unmittelbar zur Verwirklichung des Tatbestandes gemäß § 22 StGB angesetzt haben. Unmittelbares Ansetzen liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht’s los“ überschreitet, das Rechtsgut objektiv gefährdet ist und keine weiteren wesentlichen Zwischenschritte mehr nötig sind.[25]Rengier, StR AT, 15. Aufl. 2023, § 34 Rn. 22.

Hinsichtlich des Absetzens müsste A für den Versuchsbeginn unmittelbar zur Übertragung der Verfügungsgewalt an einen anderen angesetzt haben.[26]MüKoStGB/Maier, 4. Aufl. 2021, StGB § 259 Rn. 169. Hier brechen A und seine Gefährten ab, bevor sie die Autos ins Ausland verbringen können um sie dort dann zu verkaufen. Ein unmittelbares Ansetzen zum Absetzen liegt mithin nicht vor.

Allerdings könnte A auch zur Absatzhilfe, also dem weisungsgebunden, unselbstständigen Unterstützen des Vortäters bei dessen Bemühungen um eine wirtschaftliche Verwertung der gestohlenen bzw. bemakelten Sache,[27]BGH NJW 76, 1699; Fischer, 71. Aufl. 2024, § 59 Rn. 17. unmittelbar angesetzt haben. Wann das unmittelbare Ansetzen zur Absatzhilfe beginnt, wird nicht einheitlich beantwortet.

a) e.A. (Rechtsprechung)

Nach einer Ansicht sei für die Beurteilung des Versuchsbeginns auf das unmittelbare Ansetzen des Absatzhelfers selbst abzustellen.[28]BGH NJW 2019, 1311 (1313). Die Strafbarkeit wegen versuchter Absatzhilfe beginne, wenn der Absatzhelfer eine Handlung vornehme, mit der er nach seiner Vorstellung unmittelbar zu einer Förderung der – straflosen – Absatztat des Vortäters ansetze. Dabei bedürfe es regelmäßig einer wertenden Konkretisierung im Einzelfall. Es könnten etwa die Dichte des Tatplans oder der Grad der Rechtsgutgefährdung, mithin die Nähe zur vorgestellten Absatzhandlung, die aus Sicht des Absatzhelfers durch die zu beurteilende Handlung bewirkt werde, für die Abgrenzung zwischen Vorbereitungs- und Versuchsstadium von Bedeutung sein. Nach diesen Maßstäben sei ein unmittelbares Ansetzen jedenfalls dann anzunehmen, wenn sich die Tathandlung in einen bereits festgelegten Absatzplan fördernd einfügt und aus Sicht des Vortäters den Beginn des Absatzvorgangs darstellt.[29]BGH NJW 2019, 1311 (1313f. Nach Planung der Gruppierung war es unverzichtbar, die Autos aus dem Stadtgebiet Hamburg abzuholen und ins Ausland zu verbringen. Dort sollten die Autos erst abgesetzt werden. Mithin würde sich das Anbringen der falschen Kennzeichen und das Verbringen der Autos ins Ausland fördernd in den festgelegten Absatzplan einfügen. Allerdings hatte A zu keinem Zeitpunkt Zugriff auf die Autos, sondern sein Vorhaben vorher abgebrochen. Ein unmittelbares Ansetzen wäre nach dieser Ansicht nicht gegeben.

b) a.A. (Literatur)

Demgegenüber nimmt die Gegenauffassung einen Versuch der Absatzhilfe erst dann an, wenn der Absatzhelfer unmittelbar zur Übertragung der Verfügungsgewalt auf den Erwerber angesetzt hat, also die gestohlene bzw. bemakelte Sache in die zweite Hand weitergeschoben werden soll.[30]Freund/Bergmann JuS 1991, 221 (224); Küper JuS 1975, 634 (637); Rengier, StR BT I, 26. Aufl. 2024, § 22 Rn. 65; Jahn JuS 2017, 1128. Der Transport der Deliktsbeute zum Absatzort ist grundsätzlich bloße Vorbereitung der Absatzhilfe.[31]Schönke/Schröder/Hecker, 30. Aufl. 2019, StGB § 259 Rn. 48. Ein unmittelbares Ansetzen zum Absatz kommt lediglich bei der unmittelbar bevorstehenden Ankunft am Übergabeort in Betracht.[32]Schönke/Schröder/Hecker, 30. Aufl. 2019, StGB § 259 Rn. 48. Auch nach dieser Ansicht liegt ein unmittelbares Ansetzen nicht vor.

c) Zwischenergebnis

Die Meinungen kommen in diesem Fall zum selben Ergebnis. Eine Stellungnahme ist nicht notwendig. A hat nicht unmittelbar zur Absatzhilfe angesetzt.

III. Ergebnis

A hat sich nicht wegen einer versuchten gewerbsmäßigen Bandenhehlerei gemäß §§ 259 I, III, 260a I, 22, 23 I StGB strafbar gemacht. 

C. Strafbarkeit gemäß §§ 261 I, III, 22, 23 I StGB

Eine Strafbarkeit wegen versuchter Geldwäsche gemäß §§ 261 I, III, 22, 23 I StGB scheidet ebenfalls aufgrund des Fehlens eines unmittelbaren Ansetzens von A aus.

D. Strafbarkeit gemäß § 257 StGB

Die Strafbarkeit von A gemäß § 257 StGB scheidet schon aus, da keine Vollendung der Hilfeleistung vorliegt. Eine versuchte Begünstigung ist nicht strafbar.

E. Gesamtergebnis

Im Gesamtergebnis hat sich A nicht strafbar gemacht.


Zusatzfragen

1. Welche Voraussetzungen hat die Untersuchungshaft? Und welche Haftgründe gibt es?
Die Untersuchungshaft darf angeordnet werden, wenn dringender Tatverdacht vorliegt, ein Haftgrund gegeben ist und sie nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel steht (§ 112 Abs. 1 StPO).

Mögliche Haftgründe sind Flucht oder Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 1, 2 StPO), Verdunkelungsgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 3 StPO), das Vorliegen von Kapitaldelikten (§ 112 Abs. 3 StPO) und die Wiederholungsgefahr (§ 112a StPO).

2. Welche Möglichkeiten des Rechtschutzes gegen bevorstehende oder andauernde Ermittlungsmaßnahmen können ergriffen werden?
Sofern der Richter die Maßnahme angeordnet hat, ist die Beschwerde statthaft (§ 304 StPO).

Wurde die Maßnahme von der Staatsanwaltschaft oder der Polizei angeordnet, so muss gemäß Art. 19 Abs. 4 GG ebenfalls eine Möglichkeit bestehen, sich hiergegen zur Wehr zu setzen. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO bezieht sich zwar unmittelbar nur auf Beschlagnahmen, wird jedoch analog auch auf andere Zwangsmaßnahmen angewendet, um etwaige Rechtsschutzlücken zu schließen.[33]BGH StV 1988, 90; BGH NStZ 1995, 48.

Richtet sich der Einspruch des Betroffenen nicht gegen die Anordnung selbst, sondern ausschließlich gegen deren Durchführung, so ist unabhängig davon, wer die Maßnahme angeordnet hat, ebenfalls gemäß § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO analog der zuständige Richter anzurufen, da dieser die Grenzen der Anordnung festlegt und in diesem Rahmen die rechtliche Möglichkeit besitzt, die Modalitäten ihrer Vollziehung zu regeln.(BGHSt 28, 206 (209).))

Wird der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO (analog) vom Gericht als unzulässig oder unbegründet abgelehnt, so steht dem Betroffenen das Recht zu, gegen diese Entscheidung Beschwerde gemäß § 304 StPO einzulegen.


Zusammenfassung

1. Nach Beendigung des Diebstahls kommt eine Tatbeteiligung in Form einer sukzessiven Mittäterschaft nicht mehr in Betracht. Es bleiben lediglich die Anschlussdelikte.

2. Die für eine Beendigung des Diebstahls notwendige Festigung und Sicherung des Gewahrsams ist bei einem Kfz-Diebstahl anzunehmen, wenn der Täter sich nicht mehr im unmittelbaren Herrschaftsbereich des Bestohlenen befindet oder aus anderen Gründen keinem erhöhten Risiko ausgesetzt ist, die Beute durch Nacheile zu verlieren. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn die Fahrzeuge bereits mehrere Kilometer entfernt vom Tatort abgestellt wurden; eine zufällige Entdeckung würde daran nichts ändern.

3. Wann das unmittelbare Ansetzen zur Absatzhilfe beginnt, wird nicht einheitlich beantwortet. Hat der Täter aber noch mit überhaupt keiner Tathandlung begonnen, die sich fördernd in den festgelegten Absatzplan einfügt, liegt noch kein unmittelbares Ansetzen vor.

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